Mitschnitt der Predigt in der Thomaskirche Leipzig am 4. Oktober 2025
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – Von diesem Schrei Jesu am Kreuz her denkt Ralf Frisch über die Erfahrung der Gottvergessenheit und Gottverlassenheit als Signatur unserer Zeit nach. Vielleicht, so fragt er, sind nicht wir es, die verlassen wurden, sondern wir, die Gott verlassen haben – weil wir uns Ersatzgötter geschaffen haben: den Menschen, der sein eigener Schöpfer sein will; die Natur, die zur Heilsquelle erklärt wird; und das intensive Leben, das uns Selbstbestätigung verspricht. Doch keiner dieser Ersatzgötter trägt.
Frisch deutet den Schrei Jesu nicht als Ende, sondern als Anfang einer Hoffnung. Er öffnet einen Spalt, durch den das Licht der Auferstehung in die Nacht der Welt fällt. Diese Hoffnung – klein wie ein Schimmer, aber stärker als die Verzweiflung – ist für Frisch die einzige Wahrheit, „die ihren Namen wirklich verdient“: jene, die den Stein von unseren Gräbern rückt.
Wer zuhört, spürt: Glaube lebt – gerade im Zweifel.

